Regierung plant „Massive Einschränkung von Verbraucherrechten“
Im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags warnte gestern Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein vor „massiven Einschränkungen von Verbraucherrechten“ angesichts geplanter Änderungen im Versicherungsrecht. Zum einen soll das Recht auf nachträgliche Aushändigung der vollständigen Vertragsunterlagen gestrichen werden. Zum anderen sollen die Versicherungsunternehmen zukünftig nicht mehr über die Rechtsfolgen eines Widerrufs informieren müssen. Auch sollen – selbst bei unvollständigen oder gar falschen Belehrungen – die Versicherungsunternehmen nach zwei Jahren und 14 Tagen keine ernsthaften Konsequenzen mehr fürchten müssen. „Ich habe in den letzten 25 Jahren keinen derartigen Angriff auf Verbraucherrechte erlebt“, so Kleinlein.
Die Wichtigkeit auch nachträglich alle Unterlagen bekommen zu können erläutert Kleinlein an einem Beispiel: Hätte zum Beispiel ein Verbraucher eine Versicherung gegen Wohnungsbrand abgeschlossen und dabei auch Fahrlässigkeit mitversichert, so hätte er Anspruch auf Regulierung auch dann, wenn er vergisst die letzte Kerze des Adventskranzes zu löschen und dadurch die Wohnung abbrennt. Wenn dabei dann aber auch die Versicherungsbedingungen verbrennen, kann er den Versicherungsschutz nicht nachweisen. Nur wenn das Versicherungsunternehmen nachträglich erneut die vollständigen Vertragsunterlagen zur Verfügung stellt, kommt er zu seinem Schutz. Zukünftig kann er sich aber darauf nicht verlassen.
Auch in der Lebensversicherung sind schwerwiegende Probleme vorprogrammiert: Denn bei Verträgen, die über Jahrzehnte laufen, ist es leicht möglich, dass die Unterlagen verloren gehen oder einfach nicht mehr lesbar sind. „Wer vor 20 Jahren die Versicherungsbedingungen als CD-ROM bekommen hat, der kann sie heute nicht mehr lesen, den heutigen Notebooks fehlt dazu die nötige Technik“ erklärt Kleinlein. Der Zugriff auf die vollständigen Vertragsunterlagen ist aber gerade in der Altersvorsorge wichtig, wenn etwa die Eltern für das Kind einen Vertrag beginnen und das Kind später den Vertrag fortsetzen soll. „Die Frühstartrente wird zum Rohrkrepierer, wenn die Kinder die Vertragsunterlagen später nicht mehr beim Versicherer nachfordern können“ warnt Kleinlein.
Heute müssen die Versicherungsunternehmen bei fehlerhaften oder falschen Widerrufsbelehrungen noch ein „ewiges Widerrufsrecht“ befürchten. Zukünftig soll dies auf nur noch gut zwei Jahre eingeschränkt werden. Aus Sicht Kleinleins ein Unding: „Die Regelungen seit 2008 haben sich bewährt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum eine nachweislich erfolgreiche Regelung nun massiv zu Lasten der Verbraucher eingeschränkt werden soll.“
Die Stellungnahme zum Gesetz finden Sie HIER
Ein Aufzeichnung der Sachverständigenanhörung finden Sie HIER