Die Lebensversicherer sind sehr stolz auf ihre große wirtschaftliche Bedeutung. Kein Wunder, erhalten sie derzeit stolze 89,1 Milliarden Euro pro Jahr an gebuchten Bruttobeiträgen – geht man von den jüngst von Assekurata veröffentlichten Zahlen aus. Das ist mehr als das Bruttoinlandsprodukt von Bulgarien oder Venezuela. Wären die deutschen Versicherer ein eigenes Land, so würden sie mit Platz 69 schon einen bemerkenswerten Platz in der Weltrangliste der Bruttoinlandsprodukte der weltweit 194 Staaten einnehmen.
Anders als bei den meisten Ländern hätte aber die „Nation Deutsche Lebensversicherung“ einen kontinuierlichen steten Schwund hinzunehmen, gäbe es keinen Neuzugang. Denn eine Stornoquote von 4,5 Prozent lässt die Einnahmen laufend und kontinuierlich sinken. Was gar nicht so dramatisch klingt ist aber besorgniserregend. 4,5 Prozent bedeutet eine Halbierung alle 15 Jahren!
Oder anders ausgedrückt: Von 100 Personen, die im Alter 22 Bürger der „Nation Deutsche Lebensversicherung“ werden, sind mit 37 gerade noch 50 dabei, im Alter von 52 sind es nur noch 25 und bei Rentenbeginn mit 67 sind es gerade noch knapp 13 Personen, die dann tatsächlich der Lebensversicherung die Stange gehalten haben. 87 ehemalige Kunden haben dann schon längst den Glauben an die Lebensversicherung verloren. Altersvorsorge mit Lebensversicherung funktioniert in der Praxis also nicht.
Die Kunden rennen den Versicherern also weg. Und das sehr spürbar!
Wenn die Sachbearbeiter in den Unternehmen die Kündigungen entgegennehmen, müssen sie nicht nur ab und zu ein paar Euro an Beitragsabgang hinnehmen. Branchenweit sind es etwa zwei Millionen Euro pro Stunde, auf die die Versicherer wegen Kündigungen zukünftig verzichten müssen. Oder anders ausgedrückt: Nach jedem Fußballspiel fehlen mehr als drei Millionen Beitragseinnahmen, weil die Kunden die Schnauze voll haben von ihren Lebensversicherungen.
Zwei Millionen Beitragsschwund pro Stunde ist ein Armutszeugnis für eine Branche, die sich gerne als erfolgreiches System zur Altersvorsorge geriert. Zwei Millionen Euro Verlust pro Stunde ist ein Misstrauensvotum, das seinesgleichen sucht. Traurig, dass die Branche davor die Augen verschließt und der Lobbyverband GDV in dieser Situation von einer „erfreulich niedrigen Stornoquote“ spricht – ein schlimmer Euphemismus.
PS: Der GDV schönt die Stornoquote etwas, weil die Lobbyisten das Storno nur an der Vertragsanzahl und nicht an den Bruttoeinnahmen messen. Aber es werden nun mal eher die großen Verträge als die kleinen storniert. Da helfen einem die Untersuchungen von Assekurata oft deutlich weiter als das, was der GDV veröffentlicht.
Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt – Wikipedia
Assekurata-Marktausblick zur Lebensversicherung 2024 – Assekurata Rating (assekurata-rating.de)
die-deutsche-lebensversicherung-in-zahlen-2023-publikation-pdf-data.pdf (gdv.de)