Hohe Provisionen schaden allen – 6 Prozent des Beitrags fehlen an Überschussmittel

Ein Versicherungsvermittler bekommt zu hohe Provisionen? Selbst schuld, wenn man als Kunde zu viel zahlen muss. Meinen viele. Denn man könne sich ja auch ganz günstig übers Internet einen Vertrag selbst besorgen und dann fallen keine oder ganz niedrige Provisionen an. Meinen viele.

Dabei denken sie wie beim Autokauf: Wenn Sie günstig ein KfZ bei einem Autohändler kaufen, dann kann es Ihnen ja egal sein, ob andere Kunden mehr zahlen müssen. Und erst recht ist es Ihnen schnuppe, ob die Kunden im nächsten Jahr oder in fünf Jahren besonders hohe Verkaufsprovisionen an den Händler zahlen.

Aber bei Lebensversicherungen ist das anders. Denn hier muss immer das gesamte Kollektiv leiden, wenn die Provisionen übermäßig in die Höhe gehen.

Das liegt daran, dass die Provisionen eigentlich über die „Abschluss- und Vertriebskosten“ einkalkuliert werden sollen. Und das geht über das sogenannte Zillmerverfahren, d. h. mittels einer komplizierten versicherungsmathematischen Formel. Und da dürfen qua Gesetz und Verordnung nicht mehr als 2,5 Prozent der Beitragssumme angesetzt werden.

Manche Vermittler und Vermittlerinnen bekommen aber mehr! Dann fallen höhere Kosten an als kalkuliert und das Unternehmen macht einen Verlust. Das wird zwar mit anderen Gewinnen ausgeglichen, aber das Kostenergebnis fällt eben geringer aus. Und damit steht weniger Geld für die Überschussbeteiligung zur Verfügung.

Konkret bedeutet das: 2022 fielen branchenweit 7,98 Milliarden Euro Abschlussaufwendungen an, was 4,7 Prozent der Neuvertrags-Beitragssumme entspricht. Davon durften aber höchstens 2,5 Prozent, also 4,25 Milliarden Euro gezillmert werden. Das gesamte Kostenergebnis wurde also um 3,74 Milliarden Euro mit „überrechnungsmäßigen Abschlusskosten“ geschmälert. Oder anders ausgedrückt: Durch überhöhte Provisionen fehlen Überschussmittel von knapp 6 Prozent der Beiträge, denn der Durchschnittsbeitrag pro Jahr und Vertrag liegt bei knapp 790 Euro.

Das heißt: Weil die Versicherer höhere Provisionen zahlen, als sie eigentlich einkalkulieren dürfen, muss jeder (!) Lebensversicherungsvertrag auf 50 Euro Überschussmittel verzichten. Egal ob bei diesem Vertrag besonders hohe oder niedrige Kosten einkalkuliert waren. Egal ob der eigene Vertrag vielleicht sogar besonders günstig war. Unter hohen Provisionen leiden alle.

Das sieht wie Zahlenspielereien aus. Darum geht es aber nicht. Denn es geht um Altersvorsorge und unsere Zukunft. Und die wird mit überrechnungsmäßig hohen Provisionen verspielt – zu Lasten aller.

PS: Danke an alle, die bei der diesjährigen iff-Tagung im Panel Versicherungsmathematik unter anderem auch dieses Thema diskutiert haben!

Quellen:

GDV Lebensversicherung in Zahlen